Sonntag, 27. November 2016

Die fließende Königin



Allgemeines:

Titel: Die Fließende Königin
Autor: Kai Meyer
Verlag: Heyne Verlag (Februar 2004)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453873955
ISBN-13: 978-3453873957
Seitenzahl: 272 Seiten
Preis: 9,99€ (Taschenbuch) 
12,94 € (gebundene Ausgabe)
5,95€ (Audio -CD)
! kostenloser Hörspiel - Download verfügbar!
Weitere Bände: "Das Steinerne Licht";
"Das gläserne Wort"



Inhalt:

"Etwas erschütterte die Welt... Und nichts war mehr so, wie es war!"

In einem Venedig, in dem die Zauberei nie gestorben ist, suchen Meerjungfrauen und geflügelte Löwen, Meisterdiebe und Zauberspiegelmacher die Fließende Königin. Das Waisenmädchen Merle wächst in dieser Stadt auf, die erst zauberhaft wirkt,  jedoch unter der jahrzehntelangen Belagerung von Ägyptern leidet. Doch die Fließende Königin, die als Essenz in den Wassern der Lagune lebt, könnte die Stadt befreien.  Als Merle eines Tages eine Verschwörung belauscht, gelingt es ihr im letzten Moment die Fließende Königin zu retten. Dadurch wird Merle eins mit dem phantastischen Wesen - und Venedigs Schicksal liegt plötzlich in ihren Händen. Als die Mächte des Bösen das phantastische Wesen jagen, entbrennt im Labyrinth der dunklen Gassen und Kanäle ein abenteuerlicher Kampf...



Bewertung:

 "Das blinde Mädchen war nicht allzu gesprächig, und Merle vermutete, dass sie es im Waisenhaus nicht leicht gehabt hatte. Merle hatte nur zu oft miterlebt, wie grausam Kinder sein können, vor allem zu jenen, die sie für schwächer halten. Junipas Blindheit war sicherlich nicht selten Anlass für gemeine Streiche gewesen."

 Dies ist ein Fantasy - Roman, den ich als Kind einerseits geliebt, aber andererseits auch gehasst habe. Ich wusste nie ganz genau, woher dieses zweispaltige Gefühl kommt, deshalb habe ich mich dazu entschlossen, die Bücher einfach nochmal zu lesen.

 "Die fließende Königin" ist der erste Band einer Trilogie voller Magie und fantastischer Geschöpfe .... und einer großen Portion "Hä?".  Kai Meyer kommt zwar ganz ohne gängige Märchenklischees aus, führt seine Leser an der Seite der tatkräftigen Heldin Merle durch eine abenteuerliche Welt, die aber an so originell und farbenfroh sein will, dass ich oft einfach nur noch die Stirn runzeln konnte. Beeindruckend ist es, mit wie wenig Einfühlsamkeit er seine weiblichen Hauptfiguren zeichnet und sich immer mehr in fehlenden Details verliert. 

Das Cover ist nicht unbedingt hübsch, aber passt auf jeden Fall zum Buch. Natürlich kritisiere ich mal wieder das Model-Gesicht, da es für mich nicht zu Merle passt. Der entschlossene Ausdruck passt aber wenigstens gut. Die Farbgebung ist sehr gut gewählt, die Grundatmosphäre kommt sehr gut rüber. Alleine die blauen Wellen-Kringel beißen sich etwas mit dem altmodischen, magischen Flair des Plots. Da gefällt mir die alte Version des Covers (hier auf den Bildern dargestellt) schon besser. Der Plot der Geschichte ist sehr verwirrend und irgendwie seltsam. Von den Charakteren, der Sprache wie auch dem Geschehen geht die ganze Zeit über eine dumpfe Verwirrung und Andersartigkeit aus, die sich nur schlecht in Worte fassen lässt. Trotz dass ich mit den Charakteren nicht wirklich warm geworden bin, ist diese seltsame Grundatmosphäre sehr packend und lässt einen nicht mehr los. Also was genau gefällt mir trotzdem an dem Buch?

"Einen kurzen Moment lang spürte Merle Wut in sich aufsteigen. Verletzt sagte sie sich, dass Junipa nicht das Recht hatte, so etwas zu behaupten, sie ihrer Hoffnungen zu berauben, all der Träume, die sie gehabt hatte, wenn der andere im Spiegel ihre Hand hielt. Doch dann verstand sie, dass Junipa nur ehrlich war und dass Ehrlichkeit das schönste Geschenk ist, das man einem anderen zu Beginn einer Freundschaft machen kann."

Wir Leser bekommen ein dunkles, magisches Bild von Venedig vermittelt, nicht unbedingt realistisch aber auf jeden Fall mitreißend: Gardesoldaten auf steinernen, fliegenden Löwen patrouillieren durch die Straßen und Kanäle, die Stadt wird von den bedrohlichen Truppen des wieder geborenen Pharaos belagert, und die Geschichtsbücher berichten von einer Expedition, die auf ein unterirdisch lebendes Volk gestoßen ist; Es ist gefühlt die ganze Zeit Nacht, Nebelschwaden hängen über den Kanälen, eine kribbelige Anspannung liegt in der Luft; Eine einsame Gondel gleitet die Kanäle eines abgelegenen Stadtviertels von Venedig entlang; An Bord befinden sich zwei Mädchen, die einem ungewissen Schicksal entgegenfahren....

Oft habe ich mich selbst mit einer Gondel über die Kanäle fahren sehen und mich über die Gänsehaut gewundert, die plötzlich über meine Arme wanderte. Für das 14-jährige Waisenkind Merle ist all dies völlig normal. Zusammen mit dem blinden Mädchen Junipa soll sie in die Lehre bei dem berüchtigten Spiegelmacher Arcimboldo gehen, nachdem jener sie aus dem Waisenhaus gerettet hat. Seine Werkstatt liegt am Kanal der Ausgestoßenen, wo die beiden Waisenkinder von der Haushälterin Unke in Empfang genommen werden. Unke begrüßt sie freundlich, aber warum trägt sie eine Maske, die ihre untere Gesichtshälfte verdeckt? Und warum steigt sie nachts heimlich in den tiefen Brunnen im Innenhof hinab? Was hat es mit den unheimlichen Spiegelaugen auf sich, die Junipa eingesetzt wurden? ... Fragen über Fragen tauchen auf.

Merle möchte einfach nur ihre Arbeit zur Zufriedenheit der Erwachsenen bewältigen und Junipa eine gute Freundin sein. Doch eines Nachts belauscht sie ein Gespräch, das für das Schicksal Venedigs von einschneidender Bedeutung ist, und mit Entsetzen muss sie feststellen, dass nur sie die Stadt retten kann. Und so stolpert sie an der Seite des ehemaligen Meisterdiebs Serafin langsam in ein Abenteuer, welches sie so in ihrem bisherigen Leben noch nie erlebt hat. Mit Hilfe der fließenden Königin und dem Steinlöwen Vermithrax macht sich Merle auf, um ihre Stadt zu retten.

Es passiert immer in der Stunde nach Mitternacht. Zwischen zwölf und ein Uhr nachts tritt an mehreren Stellen der Stadt das gleiche Phänomen auf. Die wenigsten wissen davon und auch ich kenne nicht viele dieser Orte, aber es ist wahr: In dieser Stunde werfen ein paar Häuser ein Spiegelbild auf das Wasser, das nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Es sind nur winzige Unterschiede Erleuchtete Fenster, manchmal eine andere Tür, oder Menschen, die an den Häusern entlanggehen, in Wahrheit aber nicht da sind."

Wie schon gesagt bin ich mit Merle nicht wirklich warm geworden. Es bleibt viel zu wenig Platz für sie - auf 270 Seiten ist unglaublich viel Handlung gequetscht, sodass jeder Ansatz an Tiefe erfolgreich zerstört wird. Außerdem wirkt sie doch sehr naiv und kindlich. In dem Buch ist oft von Vertrauen die Rede. Merle ist in ihrem jugendlichen Leichtsinn bereit, jedem ihr Vertrauen zu schenken der sie darum bittet, oder bei dem sie denkt, er sei vertrauenswürdig: und das ist so gut wie jede Person in dem Buch. Natürlich ist sie erst 14, ich kritisiere deshalb auch gar nicht ihre kindliche Denkart, sondern viel mehr der plumpe Versuch, sie als reife Heldin darstellen zu wollen.

Auch die fließende Königin fand ich sehr schräg und wurde nicht recht aus ihr schlau, was aber wohl so gewollt ist. Die gedanklichen Zwiegespräche zwischen Merle und ihr haben mir auch nicht wirklich gefallen, da viel vorweggenommen wird, was lieber handlungstechnisch aufgearbeitet hätte werden sollen.

Die anderen Charaktere sind einfach so flach, dass man sie vergessen hat, sobald man den Buchdeckel schließt. Das Buch hat sehr viel Potential und ist sehr ... interessant, doch aus den einzelnen Ideen und Handlungssträngen ist viel zu wenig gemacht worden. Viele Sprünge und scheinbar stark gekürzte Stellen machen das Vorrankommen schwer. Mir erschien es, als hätte Meyer irgendwann den Sinn dafür verloren, was spannend ist und was nicht, denn faszinierende neue Aspekte wurden oft nur nebenbei erwähnt und durch krasse Wiedersprüche selbst gute Passagen entkräftet. Leider gewinnt man also während des Lesens mehr und mehr den Eindruck, dass der Autor den Überblick über seine eigene Geschichte verlorenen hat: nicht stringent gezeichnete Figuren, unlogische Handlungsmotive und eine etwas merkwürdige und unüberlegt wirkende Verquickung von Sagen, Märchen und Mythen aller Art. Alles Positive in diesem Buch, findet in seinen verworrenen Windungen auch wieder etwas Negatives zum Ausgleichen, so war mein kindlicher Eindruck des Zwiespalts nicht ganz so falsch und ich kann bei dieser Meinung bleiben.

"Meerjungfrauen! So viele Meerjungfrauen! In der graugrünen Dunkelheit ging von ihren Schuppenschwänzen ein silbriges Leuchten aus, wie das Flirren von Glühwürmchen in einer Sommernacht. Zwei von ihnen hielten Merle an den Händen und zogen sie mit sich durch die Kanäle.
Unke war gemeinsam mit Merle in die Zisterne gestiegen. Erst ganz allmählich war Merle klar geworden, dass das sanfte Rumoren an ihren Beinen nicht vom Wasser selbst stammte."

Kai Meyers Schreibstil ist wirklich klasse. Ich habe einige Bücher von ihm in meinem Schrank stehen ("Die Arkadien - Trilogie", "Sturmkönige", "Die Seiten der Welt",,,) und sie haben alle immer etwas Seltsames. Er hat die faszinierende Fähigkeit seinen Büchern Leben einzuhauchen und sie gleichzeitig magisch und abstoßend wirken zu lassen, dass man unbedingt weiter lesen muss.

Trotz der schrägen Anziehungskraft , die der Roman durchgängig auf mich ausübte, wurde das Buch gegen Ende hin etwas zäh und ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich verdammt schwer getan habe es fertig zu lesen. Leider bekommen wir Leser nicht einmal ein Ende oder der Schluss des Spannungsbogens als Dank für unser Durchhaltevermögen - nein, bloß eine klare Aufforderung
zum zweiten Band zu greifen, was ich mir noch mal gründlich überlegen muss.


Fazit:

Ich kann durchaus verstehen, dass viele Leser absolut begeistert von diesem Buch sind, aber auch Null-Sterne-Bewertungen und scharfe Kritik kann ich nachvollziehen. Für mich ist das Buch etwas zwischen diesen zwei Extremen - sehr schade, dass es nicht wirklich meins war. Wem Bücher wie "Bartimäus" oder "Das Geheimnis des Nicolas Flamel" gefallen haben - mir absolut nicht - für den könnte dieser Roman besser passen als für mich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ich freue mich, wenn Du einen Kommentar dalässt.
Egal ob Kritik, Verbesserungsvorschläge, Lob, Anmerkungen, Fragen oder eigene Meinung - das ist der richtige Ort dafür ;-)